Als Berufsanfänger im Krankenhaus prasseln unzählige neue Eindrücke auf dich ein. Neue Situationen, hohe Erwartungen und der Übergang von bewusster Inkompetenz zu unbewusster Kompetenz fordern dich täglich heraus. Sicherlich gibt es eine Vielzahl an Ratgebern, Studien und Forschungsprojekten, die den Umgang mit Stress thematisieren. Aber wie kannst du diese Informationen in deiner konkreten Situation als junger Arzt tatsächlich nutzen?
Ich möchte dir in diesem Artikel drei Theorien und Wege vorstellen, die mir persönlich geholfen haben, mit Stress und Überlastung besser umzugehen. Es handelt sich dabei um das Emotionscoaching nach Dirk Eilert, die Philosophie des Stoizismus, wie sie beispielsweise bei Stephen Covey beschrieben wird, und die Erkenntnis des Psychiaters und Holocaust-Überlebenden Viktor Frankl. Diese drei Ansätze können dir helfen, die emotionale Balance zu bewahren und dich vor Burnout zu schützen.
Emotionscoaching nach Dirk Eilert: Impatie als Schlüssel zur emotionalen Resilienz
Dirk Eilert hat das Konzept der Impatie geprägt, ein zentraler Bestandteil seines Emotionscoachings. Während Empathie die Fähigkeit beschreibt, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, steht Impatie dafür, nach innen zu schauen – deine eigenen Emotionen zu erkennen, zu reflektieren und aktiv zu managen. Gerade im Krankenhaus, wo Stress und Druck alltäglich sind, ist diese Selbstwahrnehmung besonders wichtig.
Wie kann Impatie dir helfen?
Durch diese Selbstwahrnehmung schaffst du eine emotionale Balance, die dich nicht nur vor akutem Stress schützt, sondern auch langfristig Burnout vorbeugen kann.
Stoizismus und der Fokus auf den Einflussbereich
Eine der hilfreichsten Theorien, die mir persönlich immer wieder begegnet, ist die Unterscheidung zwischen dem Interessenbereich und dem Einflussbereich, wie sie von Stephen Covey in Die 7 Wege zur Effektivität beschrieben wird. Diese Unterscheidung ist besonders nützlich, um den Fokus zu steuern und Überlastung zu vermeiden.
Der Interessenbereich umfasst all das, was uns beschäftigt oder worüber wir nachdenken, auch wenn wir darauf keinen direkten Einfluss haben – wie z.B. äußere Rahmenbedingungen, Entscheidungen anderer oder unvorhersehbare Ereignisse. Oft neigen wir dazu, uns in diesen Gedanken zu verlieren, was zu Frustration, Stress und letztlich emotionalem Ausbrennen führen kann.
Der Einflussbereich hingegen umfasst alles, worauf du tatsächlich Kontrolle hast – deine eigenen Handlungen, Entscheidungen und wie du auf bestimmte Situationen reagierst.
Interessenbereich vs. Einflussbereich: Die letzte Freiheit des Menschen nach Viktor Frankl
Viktor Frankl prägte den tiefgreifenden Gedanken, dass die letzte Freiheit des Menschen darin liegt, wie er auf äußere Umstände reagiert. Selbst in den ausweglosesten Situationen – wie in Frankls Fall in einem Konzentrationslager – bleibt dem Menschen die Freiheit, über seine innere Einstellung und seine Reaktionen zu entscheiden.
In Bezug auf den Krankenhausalltag als Berufsanfänger bedeutet das:
Diese Erkenntnis kann dir helfen, dich emotional von äußeren Belastungen zu distanzieren und dich stattdessen darauf zu konzentrieren, was du wirklich beeinflussen kannst. Indem du deine innere Freiheit nutzt, um bewusst zu entscheiden, wie du mit stressigen Situationen umgehst, baust du Resilienz auf und kannst Burnout aktiv vorbeugen.
Fazit: Viktor Frankls Philosophie erinnert uns daran, dass selbst in den schwierigsten Lebenslagen die größte Freiheit darin besteht, unsere eigene Haltung zu bewahren. Durch den Fokus auf deinen Einflussbereich und die bewusste Wahl deiner Reaktionen kannst du den emotionalen Belastungen des Berufsalltags als Arzt begegnen, ohne dich in Dingen zu verlieren, die außerhalb deiner Kontrolle liegen.
Wenn du dich zu sehr in deinem Interessenbereich verlierst, beispielsweise über Probleme grübelst, die du nicht ändern kannst, führt das schnell zu Frustration und Erschöpfung. Stoizismus rät, den Fokus auf den Einflussbereich zu lenken, wo du aktiv handeln kannst.
Praktische Tipps zur Umsetzung:
Langfristige Burnout-Prävention: Dein Einflussbereich wächst mit dir
Langfristig kannst du daran arbeiten, deinen Einflussbereich zu erweitern. Durch kontinuierliches Lernen, den Aufbau eines stabilen Netzwerks und das Gewinnen von Vertrauen bei Kollegen und Vorgesetzten kannst du deine Handlungsmöglichkeiten vergrößern. So wirst du nach und nach mehr Kontrolle über deine berufliche Situation erlangen.
Wichtig ist dabei, Perfektionismus und Überverantwortung zu vermeiden. Niemand kann alles beeinflussen, und das ist auch nicht nötig. Fokussiere dich auf das, was du tatsächlich ändern kannst, und sei gnädig mit dir selbst, wenn du nicht alles schaffst.
Fazit: Sensibilität für die eigenen Grenzen als Schutz vor Burnout
Der Schlüssel zur Vermeidung von Burnout liegt darin, deine Aufmerksamkeit bewusst zu lenken – weg von dem, was du nicht beeinflussen kannst, und hin zu den Bereichen, in denen du aktiv handeln kannst. Durch den gezielten Einsatz von Impatie, also der Selbstwahrnehmung und Selbstregulation, sowie durch das bewusste Arbeiten in deinem Einflussbereich wirst du weniger erschöpft und emotional ausgeglichener durch deinen Berufsalltag als Arzt gehen können.
Indem du diese Ansätze in deinen Arbeitsalltag integrierst, kannst du nicht nur kurzfristigen Stress bewältigen, sondern dich langfristig gegen emotionales Ausbrennen wappnen.