Famulatur Praktisches Jahr (PJ)

Die unschöne Seite der Famulatur und des PJ

Famulatur und PJ im Medizinstudium können statt einer Herausforderung schnell zur Belastung werden – voller Frustration und fehlender Anerkennung. Erfahre hier, wie Studierende mit solchen Erfahrungen umgehen und welche Strategien dir helfen können, diese schwierige Zeit zu meistern.

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Bei doctorsFuture führen wir seit über 14 Jahren erfolgreich Beratungsgespräche mit Absolventen durch, um Medizinstudierenden den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. In diesen Gesprächen erfahren wir nicht selten von Erfahrungen aus Famulaturen und Klinikpraktika, die sowohl für die Studierenden als auch für uns sehr frustrierend sind. Für viele Medizinstudierende ist die Praxisphase, sei es in der Famulatur oder im PJ, ein Sprung ins kalte Wasser. Doch es gibt Momente, in denen dieser Sprung nicht als Herausforderung, sondern als ein Sinken in eine belastende und oft demotivierende Realität wahrgenommen wird.

Die folgende Sammlung von Zitaten aus unseren Beratungen gibt Einblick in die unangenehmen und frustrierenden Erfahrungen, die manche Studierende während ihrer Zeit im Krankenhaus machen.

„Werden nur von den Patienten angemotzt, wenn etwas nicht nach Plan läuft“ – diese Worte stammen von einer PJlerin, die von fehlender Anerkennung berichtet. Fehler, die passieren, egal ob auf Station oder auch imOP, wie etwa das unbeabsichtigte Unsteril-Machen eines OP-Bereichs, können dazu führen, dass man sich „vollständig inkompetent“ fühlt. Selbst kleine Erfolge, wie das Lob für Nähkünste, verblassen, wenn das Gefühl der Nutzlosigkeit dominiert.

Eine andere Studentin beschreibt uns die extrem monotone und repetitive Tätigkeit: „An den meisten Tagen der Woche habe ich 8h (!) Blut abgenommen und Nadeln gelegt“. Dabei wurde die Studierende nicht nur von der eigentlichen ärztlichen Arbeit ferngehalten, sondern auch mit Kritik und wenig Unterstützung konfrontiert.
Das Klima auf Station kann von Spannungen geprägt sein. „Die Stimmung unter den Ärzten ist eine Katastrophe,“ berichtet eine weitere PJlerin. Häufiges Lästern und Anschreien seien an der Tagesordnung, und Teaching, das wertvolle Wissen vermitteln könnte, bleibt oft aus.

Studierende fühlen sich allein gelassen, was besonders schmerzhaft ist, wenn es keinen Raum für ihre Fragen gibt.
Auch extreme Arbeitsbedingungen sind keine Seltenheit: „Die schlimmsten 2 Wochen meiner Zeit dort. Ich war der einzige PJler und stand quasi dauerhaft im OP – ohne Mittagspause, von morgens 8 bis teilweise 20 Uhr.“ Das Resultat: Erschöpfung, Frustration und die Erfahrung, dass selbst die Anstrengungen selten gewürdigt werden.

Um aus dieser belastenden Situation herauszukommen, gibt es keine allgemeingültige Regel oder einen festen Weg.

Vieles hängt von dir selbst ab – von deiner inneren Einstellung und deiner Bereitschaft, mit der Situation konstruktiv umzugehen. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, die Menschen, die du als besonders unangenehm empfindest – ob Chefärzt*in  oder andere Kollegen – mit ihrer eigenen Vergangenheit zu konfrontieren. Eine magische Frage, die dir helfen kann, lautet: „Wie war es in Ihrem PJ? Wie haben Sie sich gefühlt?“ Oft kommen dabei verklärte Antworten, wie „Ich musste damals durch viel härter arbeiten als ihr um in den OP zu kommen. Heute habt ihr es viel zu leicht.“ In solchen Momenten lohnt es sich, nachzuhaken: „Und warum ist die Fluktuation in der Abteilung so hoch, gerade bei den jüngeren Kollegen?“ Das kann Gespräche eröffnen, die zum Nachdenken anregen.

Der zweite Ansatz, der dir helfen kann, ist, bewusst in deine Emotion Stolz zu gehen.

In unserer Gesellschaft gibt es zwei Arten von Stolz, die sich stark voneinander unterscheiden. Auf der einen Seite steht der gesunde Stolz, der aus dem Bewusstsein wächst, etwas durch eigene Anstrengung erreicht zu haben. Dieser Stolz stärkt das Selbstbewusstsein und motiviert, ohne überheblich zu wirken. Er hilft dir, deine eigenen Leistungen zu schätzen, ohne andere abzuwerten.

Auf der anderen Seite gibt es den toxischen Stolz, der oft aus einem Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen erwächst. Dieser Stolz dient oft dazu, Unsicherheiten zu verbergen, und führt nicht selten zu Isolation und Konflikten. Da diese zweite Art des Stolzes in unserer Gesellschaft präsenter ist, wurde Stolz über Generationen hinweg oft unterdrückt und als negativ angesehen.

Doch Stolz ist eine natürliche und positive Emotion. Jedes Kind, das zum ersten Mal ohne Stützräder Fahrrad fährt oder ohne Schwimmflügel schwimmt, spürt Stolz. Diese Emotion ist gesund und wichtig.

Gerade in schwierigen Situationen, wie sie oben beschrieben wurden, kann es sehr hilfreich sein, sich bewusst daran zu erinnern, worauf du stolz bist. Denk an all das, was du bereits erreicht hast – sei es im Studium, im Leben oder auf Reisen. Erinnere dich an deinen erfolgreichen Abschluss des zweiten Staatsexamens, an den Mut, mit deinem Rucksack durch Südamerika zu reisen, oder an die Unterstützung von Freunden und Familie, die stolz auf dich sind. Diese Erinnerungen können dir helfen, auch in schweren Zeiten innere Stärke zu finden.

Zusammengefast

Die Praxisphasen wie Famulatur und PJ können für Medizinstudierende eine extrem herausfordernde und manchmal sogar entmutigende Zeit sein. Fehlende Anerkennung, monotone Aufgaben und ein belastendes Arbeitsklima sind keine Seltenheit und führen bei vielen Studierenden zu Frustration und dem Gefühl, alleingelassen zu werden. Es gibt keinen festen Weg, um mit diesen schwierigen Erfahrungen umzugehen, doch zwei Ansätze können hilfreich sein: Der erste besteht darin, das Gespräch zu suchen und Chefärzt*in oder Kolleg*innen mit ihren eigenen Erfahrungen im PJ zu konfrontieren, um Verständnis oder sogar Veränderungen anzustoßen. Der zweite Ansatz ist es, sich bewusst an Momente im Leben zu erinnern, auf die man stolz sein kann – sei es im Studium, in persönlichen Erlebnissen oder durch die Unterstützung von Freunden und Familie. Dieser gesunde Stolz kann helfen, innere Stärke zu entwickeln und auch in schwierigen Situationen positiv zu bleiben.